Wer heute seinen Pkw-Führerschein macht, greift tiefer in die Tasche als noch vor wenigen Jahren. Eine Fahrstunde kostet im Schnitt etwa 60 Euro. Je nach Region werden für die Fahrerlaubnis bis zu 4.500 Euro fällig - für manche unbezahlbar. Während Fahranfänger auf der einen Seite nicht wissen, wie sie die Führerscheinkosten stemmen sollen, stehen auf der anderen Seite Fahrschulen wegen steigender Ausgaben ebenfalls unter Kostendruck.
Wird der Führerschein zum Luxusgut? exactly hakt nach!
Als die 18-jährige Laila Weinert zum ersten Mal vom Preis für den Führerschein Klasse B hörte, fiel sie aus allen Wolken. Die Fahrerlaubnis in ihrem Heimatort Havelberg würde sie rund 4.500 Euro kosten - wenn sie keine Extrafahrstunden braucht und ihre Theorie- und Praxisprüfung im ersten Anlauf schafft. „Das kann sich kein Mensch mehr leisten! Erst recht keine Auszubildenden, die fast nichts bekommen“, klagt sie. Laila braucht den Führerschein für die
Arbeit. Sie fand eine alternative Fahrschule, die sie knapp die Hälfte kosten würde. Doch dafür muss sie einiges auf sich nehmen.
Dass Berufseinsteiger das Geld für den Führerschein oft nicht aufbringen können, weiß auch Enrico Reinecke. Immer häufiger bewerben sich bei seiner Baufirma in Wittenberg junge Menschen ohne Führerschein. Das führt zu Problemen auf dem Bau: Einsatzpläne müssen genau abgestimmt sein, damit Kollegen mit Fahrerlaubnis einspringen können. Für seinen Auszubildenden Kevin Fritze und langjährigen Mitarbeiter Calle Heinze hat der Geschäftsführer jetzt eine Förderung beantragt.
Die 28-jährige Christina Poblocki versucht hingegen, die Mehrkosten für ihren Führerschein mit mehr Arbeit auszugleichen. Sie arbeitet tagsüber als
Erzieherin, abends als Kellnerin. Wenn es der volle Terminkalender noch zulässt, macht sie Fahrstunden. Finanziellen Rückhalt aus der Familie hat sie nicht. Doch als Erzieherin in einer betreuten Wohngemeinschaft beim Internationalen Bund braucht sie den Führerschein dringend für Arzttermine, Ausflüge mit den Kindern und Besorgungen. Bislang fährt sie auch lange Strecken mit Fahrrad, Bus oder Bahn. „Keine Dauerlösung“, sagt sie.
Als Inhaber einer Fahrschule in Magdeburg spürt Christan Marquardt den Kostendruck von der anderen Seite: Personal, Werkstattkosten, Versicherungen, Kraftstoff, Raummiete - das alles sei in den letzten Jahren nicht günstiger geworden. Auch brauchen Fahrschülerinnen und Fahrschüler von heute für den Klasse B-Führerschein immer länger, das geht ins Geld. Laut einer repräsentativen Befragung des ADAC benötigt mit 59 Prozent die Mehrheit der Fahranfänger mindestens sieben Monate bis zum erfolgreichen Abschluss. Begründet wird das mit einem komplexer werdenden Verkehr und dem Fahrlehrermangel, der zu längeren Wartezeiten führt.
Auch nichtbestandene Prüfungen treiben die Kosten in die Höhe: Sachsen-Anhalt hat 2023 nach einer Auswertung von „Allianz Direct“ mit rund 55 Prozent nicht bestandener Theorieprüfungen die zweithöchste
Durchfallquote in ganz Deutschland. In der praktischen Prüfung landet das Bundesland mit rund 50 Prozent Durchfallquote auf dem 12. Platz.