Gegen das Vergessen: Mit Demenz auf der Bühne

Deutschland, 2025
bis 22:45
Dokumentation
  • Stereo
  • Breitwand-Format 16:9
  • Untertitel
  • HDTV
  • 20250923221500
VPS 22:15

Themen

    Details

    Elvira ist 87 und hat Demenz. Ihre Töchter erkennt sie kaum mehr - spielt aber im Pflegeheim Theater. Wie führt man ein Stück auf, wenn bei den Beteiligten die Erinnerung verblasst? Texte werden nicht gelernt. Die Lebenserinnerungen der Demenzkranken sind das Skript der Regisseurin. Auf der Bühne stehen die Seniorinnen und Senioren zusammen mit Kindern und Jugendlichen. Die helfen Erinnerungen abzurufen und geben beim Auftritt Sicherheit. Das Theaterprojekt „Papillons“ soll mehr sein als Beschäftigungstherapie: Regisseurin Christine Vogt will das Leben ihrer betagten Mitwirkenden in den Fokus rücken und Brücken zwischen den Generationen schlagen. In Deutschland leben circa 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenzdiagnose. Im öffentlichen Leben kommen sie jedoch kaum vor. Ihre Stimmen, Erfahrungen und Perspektiven fehlen. Das Theaterprojekt möchte das ändern. Eine erfahrene Mitspielerin ist die 87-jährige Elvira Werthmüller. Auch wenn die gelernte Schneiderin das meiste aus ihrer Vergangenheit vergessen hat - auf ihre Leidenschaft, das Jodeln, kann sie noch zurückgreifen. Anfangs fiel es den Töchtern schwer, ihre Mutter aus der hessischen Heimat ins Pflegewohnheim nach Berlin zu holen. Doch Elvira fand im Kiez schnell Anschluss und mit dem Theater einen Höhepunkt im eher eintönigen Heimalltag. Auf der Bühne blüht sie auf. Tochter Tanja kann durch das Projekt noch einmal an den Lebenserinnerungen ihrer Mutter teilhaben. Zugleich werden neue Erinnerungen geschaffen, die für die Tochter ein wertvoller Schatz sind. Tanja glaubt, dass ihre demente Mutter in diesem Jahr das letzte Mal mit den „Papillons“ auf der Bühne steht: „Sie verschwindet immer mehr.“ Der demenzkranke Ekkehard Walkenhorst lebt ebenfalls im Pflegewohnheim „Am Kreuzberg“. Früher arbeitete er in Baden-Württemberg als Apotheker. Das Verhältnis zwischen seinem Sohn Oliver und ihm war eher kühl. Seit Oliver seinen Vater nach Berlin geholt hat, nähern sich die beiden Männer wieder an. Dass sein Vater Theater spielen würde, wäre früher undenkbar gewesen, erzählt der Sohn. „Mit den ‘Papillons‘ spürt er ein Interesse an seiner Person, was ihm sonst nicht mehr oft zuteil wird, weil die Leute glauben, er könne nicht mehr viel. Das ist eine Entwertung als Person, die demente Menschen immer wieder erfahren. Und das Theater bietet ein Gegenstück dazu.“ Beate ist zum ersten Mal bei einer Aufführung mit dabei. Als sich ihre Demenzerkrankung bemerkbar machte, holten sie die Kinder nach Berlin in eine Einrichtung für Betreutes Wohnen. Doch Beate fehlten dort eine Tagesstruktur und eine Aufgabe. Ihr Sohn Markus hat durch einen Zeitungsartikel vom Theaterprojekt „Papillons“ erfahren und besorgte zusammen mit seiner Schwester einen Platz im Pflegeheim „Am Kreuzberg“. Die Kinder hoffen, dass ihre Mutter, die stets die Aufmerksamkeit suchte, zum Lebensende noch einmal aufblühen und im Rampenlicht stehen kann. Die beiden haben ihre Mutter, die selbständig in der Modebranche arbeitete, als sehr egozentrischen Menschen in Erinnerung, der viele Entscheidungen zu Lasten der Kinder traf. Die Demenz ihrer Mutter empfinden sie insofern fast als Segen, weil viele Konflikte dadurch ein Ende fanden. Sie konzentrieren sich nun auf die verbleibende Zeit, um ihrer Mutter trotz allem einen schönen Lebensabend zu gestalten. Über das Theater sagen Markus und Annette: „Unsere Mutter scheint wieder wacher und lebendiger, seit sie zur Gruppe gestoßen ist.“

    Hinweis

    [Ton: Audiodeskription ]

    Personen

    von:Janina Heckmann, Thomas Rosenberg


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