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Die Preise für
Ackerland gehen in Norddeutschland seit Jahren steil nach oben, denn die Nachfrage nach
Boden ist riesig. Erzeuger erneuerbarer Energien benötigen Flächen, für Bauprojekte müssen Ausgleichsflächen her. Und: finanzstarke Investoren sehen Boden offenbar als sichere Kapitalanlage. Doch was bedeutet das für die Landwirte, die auf dem Boden wirtschaften? Wird der Acker für sie bald unbezahlbar?
Die NDR Autoren Lennart Banholzer und Simon Hoyme haben zwischen Weser und Oder exklusive
Einblicke in die Besitzverhältnisse der regionalen Landwirtschaft recherchiert. Sie treffen Bauern sowie Geldanleger, die sich offenbar von Immobilien auf Agrarland verlagern. Sie kaufen teils ganze Betriebe inklusive der dazugehörigen Flächen. Für Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig ein Problem, wie sie im Interview mit der „NDR Story“ sagt: „Wir haben zunehmend Unternehmen, die als Kapitalanlage von außen Böden aufkaufen. Zu hohen Preisen. Was sich dann ein Landwirt nicht mehr leisten kann.“
Einen Einblick in diesen Handel mit dem Ackerland zu bekommen ist nicht einfach. Die NDR Reporter stoßen auf einen verschwiegenen Markt, in dem sich niemand gern in die Karten schauen lässt. Ein Grund: Viele landwirtschaftliche Betrieb sind mittelständische Unternehmen mit vielen Außenbeziehungen. Ein Verkauf hat Auswirkungen nicht nur für die Eigentümer, sondern auch für Mitarbeitende und Kunden oder Auftraggeber. „Die Verkäufer wollen in den seltensten Fällen, dass man weiß, dass sie ihren Hof verkaufen wollen“, sagt der Agrarmakler Simon Wolk aus Schleswig-Holstein, den die Reporter für die „NDR Story“ begleiten konnten. Er sagt, die meisten seiner Klienten seien Landwirte - außerlandwirtschaftliche Investoren seien die Minderheit.
Einer von Wolks Kunden ist Hans Bien aus Hessen, dessen Immobilienunternehmen nach eigenen Angaben etwa 500 Wohnungen besitzt und vermietet. Er hat einen landwirtschaftlichen Betrieb in Hessen und jeweils einen in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg gekauft. Als Kapitalanlage, wie er sagt. Die Höfe habe er zum Teil verpachtet - „langfristig“ und zu einem „günstigen“ Pachtzins, erklärt er den Reportern im Film. Insgesamt besitze er mehr als 1000 Hektar Land. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Betriebsgröße in Niedersachsen liegt laut statistischem Landesamt bei 76 Hektar. Es gehe ihm nicht darum, seine Betriebe oder sein Acker- und Grünland bald wieder gewinnbringend zu verkaufen, so Bien. Ziel sei es, sein Vermögen zu sichern und an seine Nachkommen weiterzugeben. Doch andere Landkäufer hätten ein anderes Ziel, sagt der Immobilienunternehmer: „Es gibt viele Leute, die glauben, dass man mit Grund und Boden Geld verdienen kann. Ich halte das nicht für gut, aber das ist der Markt.“
Für so manchen Landwirt wirkt die Entwicklung bedrohlich, wie Patrick Rückert aus Mecklenburg-Vorpommern in der „NDR Story“ erklärt, der heute als Geschäftsführer einen großen Betrieb im Osten von Sachsen leitet, der über 3000 Hektar Acker- und Grünland bewirtschaftet und mehr als 1000 Milchkühe hält. Die dafür notwendigen 90 Mitarbeitenden kommen alle aus der Umgebung, sagt Rückert. Sein Betrieb ist in der Gegend ein wichtiger Arbeitgeber. Er ist nach der Wiedervereinigung aus mehreren, in der DDR üblichen Landwirtschaftlichen Produktionsgesellschaften hervorgegangen und gehört heute 51 Kommanditisten. Würde ein solcher Betrieb an einen Investor verkauft würden die Arbeitsplätze zusammengestrichen, so befürchtet Rückert.
Die „NDR Story“ versucht, einen offenen, ausgewogenen Einblick in die Besitzverhältnisse von norddeutschem Ackerland zu gewinnen und zeigt die Praxis, wie es veräußert wird. Denn sowohl für Investoren als auch für Landwirte gilt - der Preiskampf wird immer härter, Land wird unglaublich teuer. Wo endet das?
Hinweis
Personen
von: | Lennart Banholzer, Simon Hoyme |