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Morgenritual Punkt 8:00 Uhr: Küster Tobias Jahn säubert das Kirchenschiff des Michel mit dem Industriesauger. Die Fülle der Touristen hinterlässt deutliche Spuren. Rund 1,5 Millionen Besucher wollen Hamburgs Wahrzeichen jedes Jahr besichtigen. Was sie nicht sehen, zeigt „die nordstory Spezial“: die Fundamente mit den Kupferresten tief unter dem berühmten Turm, den verstaubten Kirchenboden mit dem geheimnisvollen Orgelfernwerk und den falschen Fenstern oder den Erfrischungsraum für die Ehrenamtlichen gleich neben den schweren Grabplatten in der Krypta.
Küster Tobias Jahn kennt die schönste Barockkirche Norddeutschlands und all ihre Seiten aus dem Effeff. Der ehemalige Kfz-Techniker macht seinen Dienst am Michel seit 30 Jahren. Fast schon ein mittelständisches Unternehmen, Konzert- und Veranstaltungshalle und Kirche ist der Michel sowieso. Ikone des Nordens, von deren Turm morgens und abends der Türmer seinen Choral über die Stadt bläst. Josef Thöne erfüllt den mittlerweile 300 Jahre alten Dienst direkt über den Kirchenglocken seit Jahrzehnten und, seitdem ihm das traditionelle Türmer-Gewand ganz unchristlich entwendet wurde, in Freizeitkleidung.
Ein gutes Stück, wenn nicht „das“ Stück Hamburg überhaupt, ist der berühmte Sakralbau der Hauptkirche St. Michaelis. Umgeben von Hamburgensien unterschiedlichster Art. Das trubelige Portugiesenviertel zum Hafen hin, das traditionelle Labskausrestaurant Old Commercial Room, in dem Anna Rauch gewissenhaft die Küche und das Regiment führt, die Krameramtsstuben und last but not least das Seemannsheim gleich gegenüber. Drei Häuser weiter bietet der Laden Frau Vogel neben ausgefallenen Souvenirs auch Hundeeis in allerlei Geschmacksrichtungen an: Melone-Feta ist der Renner. Mops August ist als Vorkoster eine verlässlich geschmackssichere Spürnase. Originalität und Eigensinn zeichnet die Michel-Gegend und ihre Typen aus.
Hauptpastor Alexander Röder liebt den Großneumarkt mit seinen Ständen, der Feinschmecker besorgt sich hier häufig die Köstlichkeiten, die er zum irdischen Leben braucht. Den Michel als Bauwerk zu erhalten und dem Zahn der Zeit zuvorzukommen, ist eine der Hauptsorgen des Herrn über zehn Angestellte und gut 300 ehrenamtlichen Mitarbeitenden. Dafür treibt der bestens vernetzte Geistliche sehr weltlich amtliche Beträge von Spendern, Gönnern und Michel-Liebhabern ein. Er weiß, was der Michel für Hamburg und die Hamburger bedeutet. Hier finden die wesentlichen Schritte im hanseatischen Leben und auch danach statt. Taufe, Hochzeit oder Trauerfeier, bis 1813 ließen sich wohlhabende Bürger sogar unter dem Michel begraben. Ein feines Zubrot für die Kirche in der Neustadt.
„die nordstory Spezial“ erzählt die Geschichte des Michel und begleitet ihn und seine Menschen durch das Jahr - bis hin zur Aufstellung der Weihnachtstanne vor dem Altar: eine geheime Seilwinde im Kirchenhimmel hilft dabei, den Riesenbaum aufzurichten, denn erst dann kann für die Hamburger tatsächlich Weihnachten gefeiert werden.
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