Donald Trump krempelt
Amerika um - schnell und radikal. Innerhalb der ersten Wochen hat er schon Dutzende Erlasse unterschrieben, die seine „America first“ Politik durchsetzen sollen. Mit Hilfe von Elon Musk und dessen neuer Behörde
DOGE hat er Tausende Behördenmitarbeiter entlassen. Sein Vizepräsident J.D.
Vance zweifelt offen die Unabhängigkeit von Gerichten an. Kritiker sprechen schon jetzt von einem Putsch von „innen“ oder gar einer Verfassungskrise. Gudrun Engel, ARD Studioleiterin in Washington, beobachtet die ersten hundert Tage im Amt und fragt: „WTF, Trump?! Was wird aus Amerika?“
Am Tag der Amtseinführung warten schon morgens um vier Uhr Sharon Anderson und Tausende andere Trump-Fans vor der Capital One Arena. Am Nachmittag wird hier Donald Trump, als frisch vereidigter 47. Präsident der Vereinigten Staaten, erwartet. Schon vor einem Jahr haben wir mit Rentnerin Sharon, einer treuen MAGA-Unterstützerin, gedreht: Sie gehört zu den Fans, die bei Trump-Veranstaltungen immer in der ersten Reihe stehen. Sharon hofft, dass Trump jetzt schnell etwas gegen die illegale Migration unternehmen und dafür sorgen wird, dass die Preise für Lebensmittel sinken.
Während in Washington der Präsident vereidigt wird, wartet Tami Perryman in Texas darauf, dass ihr Verlobter aus dem Gefängnis entlassen wird. An Tag 1 im Amt, so hat Trump angekündigt, will er alle Verurteilten begnadigen, die vier Jahre zuvor, am 6. Januar 2021, gewaltsam das Kapitol stürmten. Unter ihnen auch Tamis Verlobter Brian Jackson, der damals eine Fahnenstange warf. Der 6. Januar - er soll nicht mehr der Sündenfall der großen amerikanischen Demokratie sein, sondern als gerechtfertigter Protest umgedeutet werden. In den Augen der Familie Sickman ist das eine Ungeheuerlichkeit. Ihr Sohn war damals im Kapitol als Polizist im Einsatz und starb. Und nun hat die Familie das Gefühl, in einer auf den Kopf gestellten Welt zu leben: Die Helden von damals sind nicht mehr der Rede wert - und die Verurteilten von damals die neuen Helden. Deutet Trump die Geschichte um?
Auch Sean Brennan bekommt zu spüren, dass in Washington jetzt ein neues Zeitalter angebrochen ist. Als Bundesstaatsanwalt war er an der Untersuchung des Justizministeriums zum Angriff auf das Kapitol beteiligt. Nun wurde er entlassen. Aus „Rache“, weil er in den Augen von Trump nicht loyal war? Sean Brennan ist einer der wenigen, der sich traut, sich offen vor einer Kamera zu äußern. Was passiert mit einem Land, wenn von Beamten Loyalität gegenüber einer Person und nicht gegenüber den Gesetzen verlangt wird? Das bereitet ihm Sorgen. Überall in den USA sind in den letzten Wochen zahlreiche Beamte entlassen worden. Es sind aber nur ein paar Tausend Demonstranten, die am President‘s Day im Februar auf die Straße gehen, wesentlich weniger als nach der ersten Amtseinführung von Trump. Sie rufen: „We did not vote for Musk“ - und sehen mit Sorge, wie Elon Musk und seine Organisation „DOGE“ die Behörden in den USA umkrempeln.
In Texas freuen sich viele darüber, dass es so schnell vorangeht. Sheriff Boyd aus Goliad zeigt stolz die vollen Abschiebegefängnisse. Er findet gut, dass Trump ernst macht und mehr Menschen aus den USA abschieben will. In Chicago hat die junge Lehrerin Damariz Posadas, die als Dreijährige mit ihrer Familie aus Mexiko in die USA kam, genau davor Angst. Sie fühlt sich außerhalb ihrer Wohnung nicht mehr sicher, die Zukunft ist für sie und ihre Familie ungewiss. „Es ist, als wäre unser ganzes Leben in der Schwebe“, sagt Damariz. „Wir gehören weder an den einen noch an den anderen Ort.“
Die Erlasse, die Aussagen von Trump - sie kommen in einer Geschwindigkeit, die für viele kaum nachvollziehbar ist. Entsprechend unruhig sind die Zeiten, auch für Victor Yarbrough und seinen Bruder. Die beiden haben ein kleines Unternehmen, das in Tennessee Bourbon herstellt. Trumps Überlegungen zu Zöllen sind für sie ein Spiel mit der Zukunft ihrer Firma. Für viele Trump-Wähler entscheiden sie wohl darüber, ob sich ihre Hoffnung auf sinkende Lebensmittelpreise erfüllt.
Der Film zeigt die bewegten ersten 100 Tage der zweiten Amtszeit von Donald Trump. Gudrun Engel berichtet über die schier unüberschaubare Masse an Erlassen und Aussagen, über „shock and awe“ - Schock und Furcht, die Methode, mit der Trump ins Amt gestartet ist. Sie berichtet von eingehaltenen Wahlversprechen, aber auch von verunsicherten Journalisten und Unternehmern, von angegriffenen Institutionen und dem Ende von Gewissheiten auf vielen Ebenen. Über allem schwebt die Frage: Wie verändert Trump Amerika?