Interview Sabine Heinrich – „Natürlich habe ich eine Romantik-Vorstellung...“

Sabine Heinrich moderiert eigentlich ihre eigenen Sendungen in Funk und Fernsehen. Jetzt aber hat sie einen rasanten Roman geschrieben. Er ist ein gewagtes Gesprächsthema für Paare und Singles.

Sabine Heinrich

TVinfo: Frau Heinrich, eigentlich sind Sie Journalistin und berichten über andere. Aber jetzt haben Sie einen Roman geschrieben, in dem Sie selber die volle Verantwortung für das Geschehen übernehmen müssen. Ist das ein Konflikt?

Sabine Heinrich: Ein Buch zu schreiben ist intensiver als alles andere. Es ist ein Langstreckenlauf, von dem ich mitunter nicht wusste, will ich überhaupt ins Ziel. Ich hatte aber einen Super-Lektor, der bei jedem Kilometerstand gesagt hat: Komm weiter. Ja, ich bin dafür verantwortlich. Und ich bin neu angreifbar. Aber ich hab mir überlegt: Was ist das schlimmste, was passieren kann? Das Allerschlimmste, was passieren kann: Gott, ist das ein kitschiges, langweiliges Buch. Mängelexemplar drauf. Zack.

TVinfo: Sie könnten mit dem Buch ihren Ruf verreißen, anspruchsvoll zu sein...

Sabine Heinrich: Klar. Aber ich stehe ja nicht selber morgens auf und denke: Jetzt dusche ich mal die Marke Sabine Heinrich. So sehe ich mich nicht. Ich bin widersprüchlich - oft. Manchmal auch überhaupt nicht auf den Punkt. Aber das bin ich auch im Radio nicht. Da denke ich auch manchmal: Was hast Du da denn jetzt schon wieder erzählt. Und sag das dann aber auch. Ich seh mich so nicht. Und deswegen habe ich auch nicht das Gefühl, ich kann mich da groß beschädigen.

TVinfo: Haben Sie einmal darüber nachgedacht, das Buch unter einem Pseudonym zu veröffentlichen? So wie Peter Bieri alias Pascal Mercier.

Sabine Heinrich: Nein. Was hab ich denn zu verlieren? Meine größte Angst ist tatsächlich die ganze Zeit gewesen, kitschig zu sein. Natürlich habe ich eine Romantik-Vorstellung… Und es ist meine Angst, dass das als kitschig wahrgenommen wird.

TVinfo: Sie haben im letzten Jahr im Fernsehen eine Sendereihe zu Todsünden moderiert. Welche Todsünden begehen die Charaktere in Ihrem Buch?

Sabine Heinrich: Wollust, Trägheit im Herzen.

Gewissensbisse und Todsünden

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TVinfo: Für welche der sieben Todsünden hätten Sie am ehesten Verständnis?

Sabine Heinrich: Ich hab für jede Verständnis. Aus einem Automatismus heraus sagt man: Ich bin kein neidischer Mensch. Oder ich bin kein zorniger Mensch. Doch. Es sind nicht die großen Aktionen. Natürlich bin ich neidisch. Oder zornig. Aber ich hab so eine ganz menschliche Prüfung in mir. Der Unterschied zwischen einem Totschläger und mir ist nicht, dass er zornig ist und ich nicht. Er besteht die Prüfung nicht. Er haut zu. Ich nicht.

TVinfo: Radio und Fernsehen zu machen, versendet sich. Ihr Buch bleibt jetzt...

Sabine Heinrich: Das ist noch etwas unwirklich.

TVinfo: Vielleicht versenden sich Radio und Fernsehen dank Mediatheken jetzt auch nicht mehr so...

Sabine Heinrich: Ich bin dafür ganz dankbar. So kann ich mir die Sachen noch einmal angucken. Ich finde aber auch, dass man uns Radiomoderatoren nicht sehen muss.

TVinfo: Erstaunlich wie viele Videos Radiosender mittlerweile ins Netz stellen - auch von Ihnen. Stört Sie das nicht?

Sabine Heinrich: Ich würde mir den Stress nicht machen wollen zu diskutieren, ob das cool ist oder nicht. Es ist wie es ist. Ich finde, es gehört dazu. Ich gucke es mir ja auch an. Und da soll jeder das gleiche Recht haben. Ich habe wirklich aufgehört, mir Stress darüber zu machen, dass die Welt sagt: Gott ist die dick, hat die Scheiß Sachen an, hat die so und so.

TVinfo: Warum twittern Sie so viel?

Sabine Heinrich: Ich habe daran Spaß. Mir gefällt das Unmittelbare gut, das Schnelle, die Bewegung. Ich finde die Knappheit gut. Ich habe meine Timeline so designt, dass ich darin auch die wichtigsten Nachrichten sehe. Aber ich finde es unangenehm, wenn Tweets von mir in der Zeitung auftauchen. Da denke ich: Das gehört da nicht hin, das muss dableiben. Und wenn besoffene Promis nachts twittern, muss das dableiben. Ich bin durch Twitter und die Fotos den prominenten Menschen so nah. Dann darf das nicht am nächsten Tag irgendwo verwurstet werden.

Frau Heinrich kommt

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TVinfo: Macht Twitter auch engagierter?

Sabine Heinrich: Ich war jetzt in Vietnam. Und da hat Twitter nicht immer funktioniert. Das ist natürlich vom Staat geregelt. Und ich war auch schon fünf Wochen in China. Da funktionieren ganz viele Internetseiten nicht. Ich glaube, dass soziale Medien einem Regime Stress machen können.

TVinfo: Sollten wir politisch engagierter sein?

Sabine Heinrich: Da bin ich sowieso dafür. Mach mal den Mund auf. Was Dir stinkt, darüber beschwer Dich mal. Ich kann sehr unangenehm werden, wenn jemand sagt, ich gehe nicht wählen. Da werde ich so unangenehm, dass es allen anderen peinlich wird. Ich hab auch Verständnis dafür, wenn Menschen sagen, ich habe keine Ahnung von Politik. Dann merke ich: Es hat Dir wohl noch nie jemand Politik schmackhaft gemacht. Aber: Es ist alles Politik!

TVinfo: Sie sind auch ein großer Fußballfan. Macht Sport die Welt friedlicher?

Sabine Heinrich: Das kommt auf das Ergebnis an.

TVinfo: Zum Abschluss unseres Gespräches haben wir noch drei Vervollständigungssätze. Wenn ich wie in meinem Buch die Wahl hätte zwischen Treue und Leidenschaft, dann würde ich mich entscheiden für...

Sabine Heinrich: ...leidenschaftliche Treue.

TVinfo: Wenn es keine SMS gäbe, dann wäre mein Buch...

Sabine Heinrich: ...80 Seiten dünner.

TVinfo: Meine größte Sünde ist...

Sabine Heinrich: ...dass ich jetzt darüber nachdenke, was sie sein könnte.

TVinfo: Frau Heinrich, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Gespräch führte Markus Pins 11.02.2014 in Köln.

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